Abgesehen von den Herausforderungen und Sorgen durch die Corona-Pandemie und den bekannten Problemen, die endlich in Angriff genommen werden müssen (so z.B. Abbau des Pflegepersonals), gab es in Ihrem Wahlkreis jüngst keine einschneidenden Verschlechterungen der Infrastruktur für die Gesundheitsversorgung vor Ort. Eine stabile regionale Gesundheitsversorgung ist jedoch nicht selbstverständlich. Wie stellen Sie sich vor, die bestehenden Strukturen zu stärken und zu verbessern?
Im Wahlprogramm der CDU/CSU werden 5.000 zusätzliche Studienplätze Humanmedizin versprochen. Ich arbeite daran, konkret in Magdeburg eine Verdoppelung der Studienplätze herbeizuführen. Der Wissenschaftsrat Deutschlands hat bereits vor mehreren Jahren in einer ausführlichen Untersuchung festgestellt, dass besondere Voraussetzungen in Magdeburg dafür vorliegen. Dieses ist eines meiner Hauptarbeitsfelder.
Ob es nicht doch einschneidende Veränderungen in meinem Wahlkreis gab/gibt wird sicher kontrovers diskutiert. Die Schließung des Krankenhauses Havelberg oder die abgewendete Schließung der Kinderklinik Gardelegen möchte ich Bespiel dafür aufführen, dass immer wieder Verschlechterungen drohen oder erfolgt sind. Auch plötzliche Praxisschließungen aus den verschiedensten Gründen sind für die Patienten einschneidende Probleme.
Da ich als Arzt noch praktiziere unterhalte ich regelmäßig Beziehungen zu den Krankenhäusern und Kollegen. Die Personalgewinnung ist das größte Problem. Eine Patentlösung gibt es dafür nicht, da sollte man sich nichts vormachen.
Wenn wir den Status Quo durch attraktive "weiche Standortfaktoren", die den Zuzug von Familien fördern und die Rückkehr von auswärts Studierenden mit finanziellen Anreizen sowie familienfreundlichen Arbeitsverträgen halten können, wäre schon viel gewonnen.
Wir können die Gesundheitsversorgung nicht separat von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in der Altmark betrachten. Eine wirtschaftlich und kulturell attraktive Region hat auch immer gute Chancen, für Gesundheitsberufe attraktiv zu sein.
Als Kommunalpolitiker versuche ich seit vielen Jahren, daran zu arbeiten.
Als Bundespolitiker ergeben sich in Verbindung mit kommunalen Kompetenzen dann aber viel weitreichendere Möglichkeiten.
Für DIE LINKE ist eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung auch in ländlichen Regionen ein wichtiges Ziel. Bislang ist es nicht gelungen, die ungleiche Verteilung von Praxissitzen wirksam abzubauen. Trotz insgesamt hoher Zahl an Praxen müssen Patient*innen lange Wege und Wartezeiten in Kauf nehmen. Wir wollen das Nebeneinander von privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen abschaffen und damit den wichtigsten Grund für unterschiedlich lange Wartezeiten. Wir wollen das tatsächliche Erleben der Menschen zur Grundlage der Versorgungsplanung machen. Denn wenn die Menschen auch dann keine Termine bekommen, wenn die Versorgung auf dem Papier „100%“ beträgt, stimmt etwas grundsätzlich nicht. Nicht zuletzt wollen wir Gesundheitszentren einführen, die ambulante, stationäre und pflegerische Leistungen aus einer Hand anbieten und in einer Region koordinieren. b) Das Erstarken der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) hat leider in vielen Fällen mit dem Gedanken der grundversorgenden Polikliniken nichts zu tun. Vielmehr versuchen oft private Investorengruppen (private equity) darüber, sich Sahnestückchen der ambulanten Versorgung zu sichern und darüber Profit zu schlagen. Den Aufsichtsbehörden ist es kaum möglich zu prüfen, wem welches Zentrum eigentlich gehört und wohin die Gewinne fließen. Wir sehen diese Entwicklung mit großer Sorge, denn die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und darf nicht der Bereicherung von Unternehmen dienen. Wir fordern daher eine Transparenzregister und eine klare Begrenzung der MVZ-Trägerschaften. Wir wollen stattdessen regionale Gesundheitszentren in kommunaler Hand aufbauen, die grundlegende ambulante, stationäre und pflegerische Leistungen aus einer Hand anbieten und in einer Region koordinieren.
Als Fraktionsmitglied der Freien Demokraten setze ich mich für eine gute Versorgung mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln sowie einer qualifizierten Beratung von Patienten ein. Jeder Patient sollte die Wahlfreiheit haben, von wem er sein rezeptpflichtiges Arzneimittel bezieht. Allerdings fordere ich faire Rahmenbedingungen zwischen inländischen Apotheken und in- und ausländischen Versandapotheken. Deshalb kann ich mir einen Korridor für mögliche Boni vorstellen, den alle Apotheken anbieten können. Ein Versandhandelsverbot von rezeptpflichtigen Arzneimitteln lehnen ich sowie meine Fraktion ab.
Meine Fraktion und ich sind der festen Überzeugung, dass wir dadurch die inhabergeführten Vor-Ort-Apotheken in Deutschland stärken und deren Stellung verbessern.
Das elektronische Rezept ist leider zu einem Kampfbegriff geworden. Nach wie vor fehlen wesentliche Voraussetzungen. Auf Grund erheblichen Risiken und Nebenwirkungen solcher idiologischer Großprojekte setze ich mich dafür ein, dass die bewehrten Systeme verfügbar und handlungsfähig bleiben. Durch diese Doppelstrukturen werden Mehrkosten im System verursacht. Auf Grund der Unverzichtbarkeit, insbesondere von älteren Leistungserbringern im Gesundheitswesen wird die Politik diese Mehrkosten schultern müssen.
Die enorme Wichtigkeit der Vor- Ort- Apotheken hat doch die Corona- Pandemie verbunden mit der Impfkampagne in den Praxen mehr als deutlich gemacht. Ohne die Vor-Ort- Apotheken wäre das System zusammengebrochen.
Ich habe mich immer um einen direkten fachlichen Austausch mit den Apotheken bemüht und bin selbst immer gut beraten worden.
Derzeit läuft ja eine Testphase mit 120 Apotheken und 50 Arztpraxen in der Region Berlin-Brandenburg. Die Ergebnisse sollten wir gründlich analysieren.
Ich zitiere die ABDA: "Bei der Einlösung des elektronischen Rezepts gelten alle Rechte wie beim Papierrezept. Patienten müssen keine Nachteile befürchten. Die Entscheidung des Patienten, in welcher Apotheke er die Verordnung einlöst, darf hierbei laut Patientendatenschutzgesetz (PDSG) nicht beeinflusst werden. Nicht zuletzt muss auch das Nicht-Einlösen bzw. Vernichten des Rezepts eine Option bleiben – genauso, wie auch ein Papierrezept zerrissen werden kann."
Dies muss gewährleistet sein. Ebenso wie die Möglichkeit, auch weiterhin analog Rezepte in der Praxis zu bekommen. Wir können ja unmöglich einen Handy- Zwang einführen!
Viele Menschen haben den Wert der Apotheke vor Ort in der Corona-Krise hautnah erlebt. DIE LINKE will seit vielen Jahren den heilberuflichen Charakter der pharmazeutischen Berufe stärken. Dafür setzen wir uns gegen die Einführung großer Apothekenketten ein und gegen Apotheken in der Hand von Kapitalgesellschaften. Wir sehen den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln kritisch, vor allem weil er keine patientenorientierte Versorgung ermöglicht und die Vor-Ort-Apotheken schwächt. Wir fordern eine Bedarfserhebung für pharmazeutische Versorgung, damit Lücken in der Apothekenversorgung sichtbar werden und bekämpft werden können. Wir wollen Apotheken von ökonomisch-bürokratischen Aufgaben entlasten. Das ist einer der Gründe für unsere Forderungen nach Abschaffung der Rabattverträge und der Import-Förderklausel.
Dass die gute Service- und Beratungsqualität der Vor-Ort-Apotheken sich bewährt, zeigt sich schon dadurch, dass sich der Anteil des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln auch nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 nicht wesentlich erhöht hat. Er liegt bei etwas mehr als einem Prozent. Darauf können die Apotheken stolz sein.
Zur Unterstützung der Vor-Ort-Apotheken setzen wir als Freie Demokraten uns dafür ein, Beratungsleistungen differenzierter zu vergüten. Die bisherige Mischkalkulation mit einheitlichen Festzuschlägen hat sich nicht bewährt. Aufwendige Beratungen müssen gegenüber einfachen Medikamentenabgaben ohne wesentliche Beratungsleistungen besser vergütet werden. Zusätzlich müssen die Nacht- und Notdienste angemessen vergütet werden. Das stärkt die kleinen inhabergeführten Apotheken vor Ort und bietet ihnen auch zukünftig die Möglichkeit, die hohe Service- und Beratungsqualität zu bieten, die es bedarf, um sich von den Versandapotheken abzuheben. Zudem erhalten und steigern diese Qualitätsmerkmale maßgeblich die Nachfrage einer persönlichen Patientenbetreuung.
Die Nachwuchsgewinnung vor Ort ist und bleibt neben der Begeisterung für diese schöne und dankbare Arbeitsaufgabe die wesentliche Voraussetzung für den Erhalt unserer Apothekenlandschaft.
Wie gesagt, ich unterhalte sehr kollegiale Beziehungen mit den Apotheken vor Ort.
Was mir fehlt sind gemeinsame Fortbildungsformate von Apothekern und Ärzten.
Ich weiß eigentlich gar nicht, warum es das nicht gibt.
Ansonsten sehe ich keine dringlichen auszubauenden Leistungen seitens der Apotheken.
Ich denke, wir habe alle schon genug zusätzliche Leistungen im Rahmen der Corona- Pandemie zu bewältigen.
Neue pharmazeutische Dienstleistungen sind nach Auffassung der LINKEN ein Schlüssel für die Weiterentwicklung der pharmazeutischen Berufe. Wir treten für weitere Aufgabenfelder für Apotheken ein, etwa im Medikationsmanagement, bei der Heimversorgung, beim Impfen und der Verbesserung der Therapiesicherheit. Gute Ansätze bietet auch das Projekt ARMIN, das ein Konzept von ABDA und KBV umsetzt und die Rolle der Apotheke aufwertet. Wir sehen großes Potential in der Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit. So wurden international gute Erfahrungen gemacht mit einer engeren Kooperation von Apotheker:innen mit Ärzt:innen, aber auch mit ambulanter und stationärer Pflege und anderen Akteuren. Aufgabe der Apotheken sollte weniger sein, das billigste Arzneimittel herauszufinden, sondern falsche Arzneimittelanwendungen auch in der Selbstmedikation zu bekämpfen und rationalen, evidenzbasierten Arzneimitteleinsatz und Adhärenz der Patient*innen zu fördern.
Neben dem bisher bestehenden, sehr guten Leistungsspektrum, dass die Vor-Ort-Apotheken bieten, wünsche ich mir, dass insbesondere in ländlich geprägten Regionen wie der Altmark der Ausbau von Botendiensten weiterhin vorangetrieben wird. Dies macht der demographische Wandel und die damit verbundene, alternde Gesellschaft dringend notwendig. Aber natürlich spielt auch der Ausbau von Nacht- und Notdiensten eine wichtige Rolle, um den Bürger:innen jederzeit eine flächendeckende Medikamentenversorgung sowie Beratung zu ermöglichen.
Abgesehen von den Herausforderungen und Sorgen durch die Corona-Pandemie und den bekannten Problemen, die endlich in Angriff genommen werden müssen (so z.B. Abbau des Pflegepersonals), gab es in Ihrem Wahlkreis jüngst keine einschneidenden Verschlechterungen der Infrastruktur für die Gesundheitsversorgung vor Ort. Eine stabile regionale Gesundheitsversorgung ist jedoch nicht selbstverständlich. Wie stellen Sie sich vor, die bestehenden Strukturen zu stärken und zu verbessern?
Durch die Einführung des E-Rezeptes entstehen viele Anforderungen und Sorgen für die Vor-Ort Apotheken. Viele daraus entstandene Fragen, wie zum Beispiel die Kommunikation zwischen Apotheken und Arztpraxen aussehen wird oder wie die Patient:innen aufgeklärt werden, sind noch offen. Auch die wichtige persönliche Beratung droht durch ein E-Rezept verloren zu gehen. Wie setzen Sie sich dafür ein, dass die persönliche Patientenbetreuung durch die Apotheken vor Ort erhalten bleibt?
Die Apotheken sind oft die erste Anlaufstelle, wenn es um Sorgen und Fragen seitens der Bürger:innen geht. Oftmals ist in der Öffentlichkeit aber gar nicht klar, welche Beratungsfunktion und Leistungen neben der Medikamentenversorgung die Apotheke anbietet, gleichzeitig kommen aber immer neue Herausforderungen dazu. Was wünschen Sie sich von den Apothekenteams in Ihrem Wahlkreis, welche Leistungen sollten diese ausbauen?
Sachsen-Anhalt
X
Fläche
20.451,7 km2
Landeshauptstadt
Magdeburg
Einwohnerzahl
2,2 Millionen
Wahlkreise
9
Wahlberechtigte Personen
1,8 Millionen
Quellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder; Der Bundestagswahlleiter